24.11.2021

Frauen & Karriere: das Ticket zum Auswandern?

Ginge es uns in anderen Ländern als karrierebewusste Frau besser? Wohlgemerkt in einer Doppelrolle als Managerin und Mama. Kommt drauf an! Was die Möglichkeit als Teilzeit-Führungskraft zu arbeiten angeht, eher nein. Was eine Karriere als Frau in Führungsposition angeht, vielleicht. Was die vielbeschriebene Work-Life-Balance angeht – ja!

Zahlen lügen nicht. Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick hinter deren Kulissen, v.a. im europäischen Vergleich.

statista meldete 2020, dass durchschnittlich in der EU nur jede dritte Führungskraft eine Frau sei – ca. 34%. In Deutschland waren es nur 28,4% und viel ist seither nicht passiert. Anders sieht es aus in Lettland mit einem Anteil von 47%, in Polen 44% und 42% in Schweden. Somit ist in der Hinsicht bei uns noch reichlich Luft nach oben.

Doch woran mag das liegen? Gewohnheiten, gesellschafts-politische Rahmenbedingungen, Familienkonstellationen etc.? Ein Feld, dass ich mehr als spannend finde. Doch tauchen wir heute eine Ebene tiefer ein. Der Business Insider berichtete im Mai 2021: nur 12% der deutschen Führungskräfte (davon mehr Frauen als Männer) arbeiten in Teilzeit. Damit liegen wir in Deutschland im europäischen Vergleich sogar recht weit vorne! Island, mit einer sehr hohen Teilzeitquote liegt dennoch nochmal deutlich höher - bei 22%. Was sagt uns das?

Teilzeit-Führungskräfte haben mehr Energie im Job und höhere Lebensqualität

Teilzeit ist bei Führungskräften immer noch eine echte Rarität. Mal abgesehen von dem gesellschaftlich verbreiteten Kopfschütteln, wenn ambitionierte Frauen schon bald nach Geburt ihres Kindes wieder in ihren Job zurückkehren wollen, stecken da u.a. Prestige und alte Muster dahinter.

Es sind immer noch NUR 12%! Und das in Zeiten, in denen nicht nur Mütter oder Pflegende von Angehörigen, sondern auch die junge Gen Z Teilzeit für ein äußerst attraktives Arbeitsmodell halten. Flexible Arbeitsmodelle, dezentrales Arbeiten und eine ideale Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben ist für die Gen Z enorm wichtig. Dasselbe gilt natürlich für Mütter und Väter, mit kleinen Kindern erst recht.

Für Mamas oder Papas in Führungsrollen ist mit entsprechender Organisation natürlich auch Vollzeit eine Option. Das Jahr 2020 habe ich beispielsweise mit 40 Std./ Woche durchgezogen. Doch für die ganze Familie sind oftmals 60-80% einfach realistischer. Das führt in der Regel nicht nur zu mehr Lebensqualität, sondern bringt auch mehr Energie für den Job.

Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich nur unterstreichen, dass Teilzeit sogar sinnvoller für Arbeitgeber UND Arbeitnehmer ist.

Als Arbeitgeber:

  • habe ich deutlich entspanntere, energievolle Mitarbeiter*innen anstatt Überlastung
  • Mamas mit ihrer persönlichen Expertise kehren tendenziell schneller zurück in den Job
  • Mamas/ Frauen bringen außergewöhnliche Kompetenzen in puncto Organisation, Effizienz und Empathie mit 
  • Flexibilität ist zwar Grundvoraussetzung, doch bringen die meisten Mamas auch sehr hohe Flexibilität mit

Als Arbeitnehmer:  

  • ist in Teilzeit die Gesamtorganisation einfacher, v.a. in Corona-Zeiten
  • kehren Mamas früher in den Job zurück und bleiben somit besser am Ball
  • ist ein Arbeitgeberwechsel damit deutlich unwahrscheinlicher
  • ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben echte Lebensqualität. Das wird vielen immer wichtiger und präsenter. Außerdem ist es für Arbeitgeber ein echter EVP. (Employer Value Proposition)
„Ich habe nach meiner Elternzeit ein 12 Personen-Team erfolgreich in Teilzeit geführt“

 

Bekannt ist, dass viele Mütter gerne mehr arbeiten möchten als sie Möglichkeiten dafür finden. Das liegt zum einen an dem eingeschränkten Radius, den sie auf Grund des Abholens der Kinder von der Kita, eingehen können. Zum anderen scheitert es daran, dass sie ihre Arbeitszeiten flexibler einteilen müssten als es Arbeitgeber ermöglichen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete im August 2021 außerdem, dass Studien sagen, dass Arbeitgeber Frauen nach einer Elternzeit seltener zu Vorstellungsgesprächen einladen als Männer. Hoppla! Diversity, wie war das nochmal?

Ich habe mit meinem Arbeitgeber offensichtlich sehr viel Glück, denn ich habe nach meiner einjährigen Elternzeit hochflexibel zwischen 25-40 Stunden gearbeitet. Ich habe mein Team kontinuierlich aufgebaut und schließlich 12 Personen in Teilzeit geführt.

Aus meiner Sicht ist mir das deswegen gut gelungen, weil:

  • meine Leidenschaft an der Arbeit seit den Kindern nochmal gestiegen ist (und die war davor schon hoch). Damit einher geht 1:1 der Erfolg
  • ich schneller entscheide und pragmatischer agiere, da ich das von zu Hause mit Kiddies so gewohnt bin
  • Pläne setzen und Ziele verfolgen zwar wie zuvor bleibt, doch die Flexibilität zu justieren, wenn sich Gegebenheiten ändern, deutlich gestiegen ist
  • ich viel leichter durch das Leben gehe, was mit einer neuen Wahrnehmung, Achtsamkeit und dem Mindset durch Kinder zusammenhängt

Daher mein Fazit: Führungsaufgaben widersprechen einer gesunden Teilzeit (25 Std.+) definitiv nicht. Qualität und Output bleiben mindestens gleichwertig hoch.

Vertrauenskultur und Flexibilität sind die Treiber der Zukunft

Nun aber nochmal zurück zum internationalen Vergleich. Den Dänen sagt man die höchste Work-Life Balance nach. Sie ist ihnen wirklich heilig. Hier werden sogar Arzttermine oder Schulfeiern großzügig freigehalten – für Expats eines der beliebtesten Ziele.

Damit komme ich zurück auf die Eingangsfrage: Ginge es uns in anderen Ländern als karrierebewusste Frau in der Doppelrolle als Managerin und Mama besser? Kommt drauf an, was einem persönlich besonders wichtig ist.

Eins ist aber klar – Unternehmen sollten sich noch viel mehr trauen, attraktive Arbeitsmodelle in Teilzeit, Remote oder Job Sharing anzubieten. Vertrauenskultur und Flexibilität in hohem Maße sind die Treiber der Zukunft. Zumindest dann, wenn sich Arbeitgeber das Potenzial von Frauen, insbesondere Mamas, nicht entgehen lassen wollen.

Ladies, it´s time to shine: zeigt Euch und findet Euren place to be! Das Glück liegt in unseren eigenen Händen und wo ein Wille, da ein Weg.

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