Andrea im Park laufend
28.05.2025

Rabenmütter & Rabenväter – warum fliegen die Vorurteile so einseitig?

Stell dir vor, du bist eine berufstätige Mutter, die nach einem langen Arbeitstag ihre Kinder vom Kindergarten abholt. Ein anderer Elternteil wirft dir einen vorwurfsvollen Blick zu und murmelt: „Na, die Rabenmutter kommt auch schon.“ Ignorieren? Schlagfertig kontern? Zustimmen? Was wäre deine Reaktion? Hoffentlich kein schlechtes Gewissen!

Was ist denn mit dem Vater, der seine Kinder nur selten sieht, weil er ständig auf Geschäftsreise ist? Wird er als „Rabenvater“ bezeichnet? Wahrscheinlich nicht.

Warum also gibt es Begriffe wie „Rabenmutter“, die ausschließlich Müttern zugeschrieben werden, während Väter von solchen Etiketten eher verschont bleiben? Spoiler: es gibt auch Väter-Tags, die Müttern selten zugeschrieben werden - dazu später mehr.

Dabei geht es gar nicht nur um das ausgesprochene Wort. Vielmehr ist die Aussage dahinter ein Thema, das mich persönlich beschäftigt. Ich kann nicht mehr zählen, wie häufig mir direkt oder indirekt gesagt wurde, dass ich egoistisch meine Karriere verfolge, ich gefragt wurde, warum ich überhaupt Kinder bekommen hätte oder ob das mit dem frühen Wiedereinstieg in den Job (nach 12 Monaten in meinem Fall!) oder der Vollzeit wirklich sein müsse. Doch mit diesen Fragen konnte ich irgendwie ganz gut umgehen. Ich habe sie meist ignoriert oder wenn mir danach war, geantwortet: “Glückliche Mama, glückliche Kinder”. 

Doch was mich wirklich umtreibt ist, woher diese Disbalance kommt. Wo wir offensichtlich verharren und vor allem, wie wir es schaffen, dass Mütter in dem Moment unberührt darüber hinweghören oder mit gutem Gefühl und Gelassenheit kontern - OHNE sich zu rechtfertigen.

Die Herkunft der „Rabenmutter“

Der Begriff „Rabenmutter“ stammt aus dem Mittelalter und basiert auf der Annahme, dass Raben ihre Jungen aus dem Nest werfen und sich nicht um sie kümmern. Spannend, dass auch diese Vorstellung ein Missverständnis ist. In Wirklichkeit sind Raben fürsorgliche Eltern, die ihre Jungen auch nach dem Verlassen des Nests weiterhin füttern und beschützen, aber ebenso früh fördern, selbständig zu werden und das Fliegen zu erlernen. (Rabenmutter – Wikipedia).

Trotzdem hat sich der Begriff „Rabenmutter“ als missbilligende Bezeichnung für Mütter etabliert, die angeblich ihre Kinder vernachlässigen – oft nur, weil sie berufstätig sind.

Und der „Rabenvater“?

Zwar existiert der Begriff „Rabenvater“ ebenso, doch wird er deutlich seltener verwendet. Das liegt daran, dass von Vätern traditionell nicht erwartet wird, die Hauptverantwortung für die Kinderbetreuung zu übernehmen. Wenn ein Vater sich aktiv um seine Kinder kümmert, wird er oft gelobt. Hast du als Mutter schon mal Anerkennung oder gar Lob für die gleiche Leistung erhalten? (Runzelfuesschen - Jeder Tag mit Kind ist schön

Weitere geschlechtsspezifische Begriffe – und warum sie so einseitig sind

Neben „Rabenmutter“ gibt es zahlreiche Begriffe, die sich einseitig auf Mütter oder Väter beziehen. Ein paar Beispiele habe ich euch zusammengestellt:

  • Die Gluckenmutter: Eine überfürsorgliche Mutter, die ihre Kinder nicht loslassen kann.
  • Die Helikopter-Eltern: Meist auf Mütter (manchmal auch Väter) bezogen, die ihre Kinder akribisch überwachen und kontrollieren.
  • Das Kuckuckskind: Ein Kind, dessen sozialer Vater nicht der biologische Vater ist – impliziert Schuld oder Intrige auf Seiten der Mutter.
  • Der Bixnmacher: Ein bayerischer Begriff für Väter von Töchtern, der von patriarchalen Vorstellungen geprägt ist.

Puh!

Welche Begriffe fallen dir noch ein? Schreib mir gerne per PM oder im Kommentar. 

Warum fehlen die Pendants?

Insbesondere für „auffällige“ Mutterrollen scheinen die Etiketten offensichtlich bereitzuliegen. Für Väter? Fehlanzeige oder Humor-Kategorie.

Warum ist das so?

Weil Fürsorge bei Müttern erwartet wird, bei Vätern aber als Bonus gilt. Wenn Papa wickelt: Applaus. Wenn Mama arbeitet: Rechtfertigungsdruck.

Weil Normen von gestern unsere Sprache prägen: Mütter als Alltagsmanagerinnen, Väter als Zuarbeiter.

Weil Sprache Macht hat – und Rollenzuschreibungen mit jedem Wort zementiert werden.

Fazit: Sprache ist nicht neutral. Und genau deshalb sollten wir sie bewusst und gleichberechtigt weiterentwickeln.

⚖️ Die Debatte um Gleichberechtigung

Die Verwendung solcher Begriffe trägt (leider!) zur Aufrechterhaltung von Geschlechterstereotypen bei. Sie implizieren, dass Mütter für die Kinderbetreuung verantwortlich sind, während Väter sich auf ihre Karriere konzentrieren dürfen.

Doch die Realität sieht anders aus: Immer mehr Väter möchten aktiv am Familienleben teilnehmen, stoßen jedoch (leider immer noch!) auf gesellschaftliche Vorurteile sowie strukturelle Hindernisse.  https://t3n.de/news/vaeterforscher-eickhorst-vereinbarkeit-familie-beruf-1401827

Gleichzeitig kämpfen viele Mütter mit der Herausforderung, Familie und Beruf, geschweige denn Karriere, zu vereinbaren, und sehen sich mit ungerechten Bewertungen konfrontiert https://www.kom.de/management/vom-mythos-der-vereinbarkeit/ .

(M)Ein Aufruf zum Umdenken

Es ist an der Zeit, die Sprache und die dahinterstehenden Vorstellungen zu hinterfragen. Dabei ist es mir wichtig, zu betonen, dass ich unsere Sprachvielfalt und Dialekte liebe und nicht unbedacht oder rebellisch Begriffe aussortieren wollen würde. Mit geht es um ein Bewusstsein für Situationen, Wort-Bedeutungen und die Folgen - Stillstand im Mittelalter versus Fortschritt heute, morgen und in Zukunft.

Warum sollten wir Mütter als „Rabenmütter“ bezeichnen, wenn sie arbeiten gehen? Warum loben wir Väter für Dinge, die wir von Müttern als selbstverständlich erwarten?

Eine gleichberechtigte Gesellschaft beginnt mit einer gleichberechtigten Sprache. Lass uns daher gemeinsam daran arbeiten, Vorurteile abzubauen und neue, inklusive Begriffe zu etablieren. Wie wär´s z.B. mit einem stolzen “Meine Mama macht Menschen wieder gesund”, “Meine Frau setzt neue Medizinmaßstäbe” und “Frau Müller, kein Problem, wie sind auch um 5 nach Kita-Schluss noch für Ihre Kinder da, wenn die OP länger geht.” Nur als Impuls. Und nochmal ein “Nein” - ich bin auch KEIN Genderfan, aber großer Fan von erfolgreichen & liebevollen Müttern sowie Vätern im individuellen Einklang. Hier kann sich nun jeder sein Bild weitermalen.

Diskutier mit mir!

Was denkst du über Begriffe wie „Rabenmutter“ und „Rabenvater“? Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht? Teil deine Meinung gerne in den Kommentaren!

Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich

Kommentare

Keine Kommentare

Kategorien

Kontakt